Schönaich, Eva (Kriegsgegnerin)
Eva Schönaich, geb. Mündel, ist am 24.11.1905 in Konstanz geboren. Aufgrund ihrer Heirat kommt sie im Juni 1939 nach Pforzheim, da ihr Ehemann hier beim Notariat arbeitet. Sie wird am 2.9.1939 verhaftet und ins Gefängnis an der Rohrstraße gesperrt, da sie in der Nacht vom 1. auf den 2.9.1939 aus Protest gegen den Überfall auf Polen einen Ziegelstein in die Fensterscheibe der NSDAP-Kreisleitung in der Lindenstr. 10 geworfen hat und auf frischer Tat ertappt wurde. Der Sachschaden wird auf 3 bis 4 Reichsmark beziffert.
Auszüge aus dem Verhörprotokoll: „Bei der Reichstags-Rede des Führers kam mir immer wieder das Bewusstsein an meinen verstorbenen Vater [gestorben 9.8.1938 aufgrund einer Verletzung aus dem 1. Weltkrieg]. Ich hatte immer das Leben eines Kriegs vor Augen. Es kam mir auf einmal in den Kopf, es würde jetzt wieder Krieg geben und da wäre dann nur die Regierung schuld daran… Durch das Einwerfen der Fensterscheibe wollte ich mein Missfallen an den Maßnahmen der Regierung zum Ausdruck bringen… [sie wird weiter zitiert] „…sowie ihren Protest dagegen zum Ausdruck bringen wollte, dass das Abhören ausländischer Sender unter Strafe gestellt worden sei, womit nach ihrer Ansicht dem deutschen Volke die Möglichkeit zu einem eigenen Urteil genommen werden solle“. Sie wird am 19.9.1939 aus dem Gefängnis entlassen.
Am 6.12.1939 werden Ermittlungen gegen sie aufgenommen wegen Körperverletzung an einem Wehrmachtsangehörigen: Dieser rauchte im Zug im Nichtraucherabteil, trotz Aufforderung, es zu unterlassen, provokativ weiter „sodass mich ein rechter Zorn packte. Dann ohrfeigte ich ihn“. Schon 1936 und 1937 war sie auf ihren Geistzustand hin untersucht worden, jetzt ergibt eine erneute Untersuchung, sie sei nicht geisteskrank, nur vermindert zurechnungsfähig aufgrund der Belastung durch den Tod ihres Vaters. Im Juli 1940 wird sie zwangsweise in die Heil- und Pflegeanstalt Reichenau eingewiesen, ein „Gutachten“ kommt zu dem Ergebnis, sie sei eine „gefährliche Geisteskranke“, das Verfahren wegen Körperverletzung wird ausgesetzt. Ab 18.2.1941 ist sie in der Anstalt Emmendingen untergebracht. Das Sondergericht Mannheim beschließt am 23.7.1941 die Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt. Sie ist bis 1945 in der Anstalt Emmendingen eingesperrt und lebt dann bis 1953 als Externe der Heil- und Pflegeanstalt Weissenau.
1954 wird das Urteil von 1941 aufgehoben.
Quelle:
GLA KA 507 – 4135-40