Deutsch, Charlotte (jüdisch, Kritik am NS )
Charlotte Deutsch ist am 1.7.1890 in Zsambek/Ungarn geboren. Sie ist ledig und wohnt am Bahnhofsplatz 2 bei ihren Eltern Ignaz und Ilka Deutsch. Sie ist jüdischer Religionszugehörigkeit und ungarische Staatsbürgerin. Sie hat ein Handarbeitsgeschäft am Schlossberg 11 bzw. an der Baumstraße.
Am 26.12.33 wird sie verhaftet, weil sie „die SA die braune Pest nannte; ferner bezeichnete sie den Führer als einen Zigeuner und hergelaufenen Gesellen“. Im Juli 1934 wird sie aus dem Gefängnis entlassen, „ernstlich verwarnt“ und zur Ausreise aufgefordert.
Am 27.10.1936 wird sie erneut verhaftet, dieses Mal wegen der Äußerung, „Deutschland sei Schuld an dem Durcheinander in Spanien“ bzw. „Die Deutschen sollen in Deutschland bleiben und sich nicht in die Angelegenheiten anderer Staaten wie z.B. in Spanien einmischen“. In der Klage heißt es, sie habe zum Ausdruck bringen wollen, „dass die Wirren in Spanien von der deutschen Regierung angezettelt worden seien“ - gemeint ist wohl die Unterstützung des Militärputschisten Franco durch die Nazis mittels der „Legion Condor“ in Spanien.
Das Verfahren wird von der Staatsanwaltschaft eingestellt, da sie mithilfe des ungarischen Konsulats die Ausreise nach Ungarn betreibt. Am 9.12.1936 wird sie aus dem Gefängnis entlassen mit der Auflage, Deutschland binnen 3 Monate zu verlassen.
Über ihr weiteres Schicksal gibt es widersprüchliche Angaben: Nach Paul Sauer wird sie am 10. August 1942 von Drancy in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Nach Angaben ihre Bruders im Antrag auf Wiedergutmachung verhaftet sie die Gestapo 1944 in Budapest, sie sei „in der Deportation umgekommen“.
Quellen:
GLA KA 480 – 30545;
GLA KA 507 – 6472;
Sauer, Paul: Die Schicksale der jüdischen Bürger Baden-Württembergs während der nationalsozialistischen Verfolgungszeit 1933-1945. Statistische Ergebnisse der Erhebungen der Dokumentationsstelle bei der Archivdirektion Stuttgart und zusammenfassende Darstellung. Stuttgart 1969