Als nach dem Ende des Ersten Weltkrieges das Frauenwahlrecht eingeführt wurde, war dies sowohl ein sehr großer Schritt für die Gleichstellung der Frau, als auch für die Demokratie. Als eines der ersten Länder der Welt führte Deutschland im November 1918 dieses Recht ein. Ein ganzes Menschenalter, rund 70 Jahre, hatten vor allem Frauen, aber auch ein paar Männer, dafür gekämpft.
In Huchenfeld waren die Gemeinderatswahlen vom ersten Juni 1919 die ersten, an welchen auch die Huchenfelder Frauen teilnehmen durften. Zu dieser bedeutsamen Wahl ist im Stadtarchiv Pforzheim eine Akte überliefert (StadtA PF, C6-107), die spannende Einblicke in die Anfänge des Frauenwahlrechts der Gemeinde gewährt.
Als offensichtlichste Veränderung verdoppelte sich die Zahl der Wahlberechtigten durch die Einführung des Frauenwahlrechts. Waren es 1912 während der Reichstagswahl noch 337 Wahlberechtigte, durften nun 793 Menschen wählen. 439 Huchenfelder Frauen hatten nun zum ersten Mal die Möglichkeit, zu wählen und gewählt zu werden. Jedoch stellte sich keine einzige Frau selbst zur Wahl und auch die Wahlbeteiligung der Frauen blieb unter dem Durchschnitt: Lag die Wahlbeteiligung insgesamt noch bei 56,9 %, traten nur 46,2% der wahlberechtigten Frauen an diesem Tag ihren Weg zur Urne an. Nur 203 Frauen nutzten ihr neugewonnenes Recht.
Vor allem die Frauen zwischen 30 und 59 Jahren gingen zur Wahl, in dieser Altersgruppe lag der Anteil der Wählerinnen bei 51 %. Die jüngste Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen stellte zwar mit 59 Personen die meisten Wählerinnen, dies entsprach aber nur einem Anteil von 46 %. Das entsprach wiederum dem Anteil der Wählerinnen bei den über 60-Jährigen, von den 26 Frauen dieser Gruppe gingen 12 zur Wahl. Oftmals lassen sich auch familiäre Zusammenhänge erkennen: Entweder gingen alle oder keine der Frauen aus einer Familie zur Wahl. Ob die Frauen bei dieser ersten Wahl wirklich ganz frei darüber entscheiden konnten, ob sie ihr neu gewonnenes Recht ausübten, oder ob nicht auch gesellschaftliche oder familiäre Zwänge und Abhängigkeiten zu diesem Ergebnis beitrugen, muss dahingestellt bleiben.
In der Wählerliste sind auch Angaben zur Berufstätigkeit erfasst, so dass sich daraus weitere Erkenntnisse zur gesellschaftlichen Rolle der Frauen ablesen lassen. Rund 40 % der Frauen waren nicht erwerbstätig. Jene, die einem Beruf nachgingen, waren in der Schmuckindustrie tätig. 33 % der Huchenfelderinnen arbeiteten als Polisseusen, weitere 7 % als Kettenmacherinnen. Das zeigt, wie wichtig die Pforzheimer Schmuckindustrie auch für die Sozialstruktur der Nachbargemeinden war.
Zur Wahl standen nur zwei Parteien, nämlich die Bürgerliche Vereinigung und die SPD, die mit 64 % klar als Siegerin aus dieser Wahl hervorging.