„Goldstadt Pforzheim“, dieser Beiname hat seine Wurzeln in der Schmuck- und Uhrenindustrie, die im Jahre 1767 von Markgraf Karl Friedrich begründet wurde. Mit allerlei Gold und Schmuck haben auch die Neuzugänge des Stadtarchivs Pforzheims im Bereich der Vereinsbestände zu tun. Als die Zunft Pforzheim Schmuck + Gestaltung im September 2021 ihre Auflösung beschloss, wurde ein Vertrag zur Übergabe der Vereinsunterlagen an das Stadtarchiv geschlossen. Damit geht eine über 100-jährige Tradition zu Ende, deren Erbe nun als Archivgut verwahrt und erhalten wird.
Die Zunft Pforzheim Schmuck + Gestaltung e.V. entstand 2003 durch den Zusammenschluss der beiden Zünfte „Turm Pforzheim“ und „Jungkunst“. Die Zunft „Turm“ wurde 1912 gegründet und hieß damals noch „Kunstgewerbeschülervereinigung“ (K.S.V.). Die Zunft „Jungkunst“ wurde 1919 gegründet, und zwar von neuen und aus dem 1. Weltkrieg zurückgekehrten Schülern. Bei diesen Zünften handelte es sich um Vereinigungen von Schülern und Studenten der einschlägigen Pforzheimer Schulen. Das Ziel der Mitglieder war es, sich gegenseitig künstlerisch und handwerklich zu unterstützen und zu fördern. Man hörte sich gemeinsam Vorträge bei den Zunftabenden an, zeichnete in der Natur, sah Filmvorführungen oder unternahm Ausstellungsbesuche und Studienfahrten, so wollte man sich außerhalb der Schule für den Beruf weiterbilden. Hauptgesprächsthemen der Mitglieder waren verschiedene Techniken der Schmuckgestaltung und neue Kunstströmungen.
Mitglieder der Zünfte, welche die Schule abgeschlossen hatten, arbeiteten später entweder selbstständig oder angestellt als Entwerfer oder Techniker in der Schmuckindustrie, doch es gab unter den Mitgliedern auch Lehrer an Fachschulen oder freischaffende Kunsthandwerker, Bildhauer, Grafiker und Kunsttischler.
Von den Zunftmitgliedern beider Zünfte gingen durch Ausstellungen ihrer Arbeiten und gewonnene Wettbewerbe wichtige Impulse aus, ob für die künstlerische oder die industrieorientierte Schmuckgestaltung. 1926 konnte die Zunft Jungkunst Professor Theodor Wende (03.12.1883-06.02.1986) als künstlerischen Leiter und Ehrenobermeister gewinnen. Er gilt als großes Vorbild der individuell arbeiteten Goldschmiede des 20. Jahrhunderts und lehrte seit 1921 an der der großherzoglich-Badischen Kunstgewerbeschule. Bis zu seinem Tod arbeitete er mit und für die Zunft.
Zu den übergebenen Unterlagen gehören unter anderem Kataloge zu Kunstausstellungen der Zünfte, Zunftbücher, welche die Zunftabende der Mitglieder abbilden, Fotos zu abendlichen Festlichkeiten, Fotos von gefertigten Schmuckstücken, eine Medaille und eine goldene Zunftnadel.
Eine Besonderheit sind Unterlagen von Professor Wende. Die beim Verein verwahrten Unterlagen umfassen Stücke aus seinem persönlichen Nachlass, der nach seinem Tod vom Verein teilweise angekauft wurde. Es handelt sich dabei beispielsweise um Reiseberichte, Korrespondenz und ein sogenanntes Sinnspiel, welches eine Art Rätsel in Gedichtform darstellt.
Sofern datenschutzrechtliche Gründe dem nicht entgegenstehen, können die Unterlagen nach der Erschließung im Lesesaal des Stadtarchivs von allen Interessierten genutzt werden.