Südsee
*In Anwesenheit der Regisseurin* Regisseurin Henrika Kull arbeitet mit der erotischen Spannung an einem Swimmingpool, mitten in einem Land unter Dauerdruck.
*In Anwesenheit der Regisseurin*
„Südsee“ – dafür muss hilfsweise der Pool herhalten. Der liegt auf der Dachterrasse einer geräumigen Wohnung. Hier verbringen Anne (Liliane Amuat), die Deutsche, und Nuri (Dor Aloni), der Israeli, ihre Zeit. Sie will an ihrem Drehbuch arbeiten, er arbeitet an einer Magisterarbeit. Die Ferienwohnung gehört seiner Mutter, liegt irgendwo zwischen Jerusalem und Tel Aviv. Wir sehen Palmen, wir hören dumpfe Explosionsgeräusche, sehen Rauchwölkchen, die am Himmel entstehen: Der Konflikt in Nahost dampft wieder einmal über.
Ein Zweipersonenstück, ein Kammerspiel; beinahe. Manchmal verlassen wir die Wohnung für einen Spaziergang, etwa durch die Weinberge – „wie in der Pfalz“, meint Nuri. Später kommt eine Freundin vorbei: Romi (Yuval Levi). Aber dazwischen liegt vor allem Nichtstun. Oder besser: Kontemplation, Muße, Nachdenken, ein Sichverorten. Henrika Kull erzählt eine Geschichte ohne wirkliche Handlung; es geschieht wenig, und doch viel – beinahe wie im wirklichen Leben. Anne arbeitet an einem Filmskript, es geht um die Beziehung einer Deutschen zu einem Israeli, Ex-Soldat mit posttraumatischer Belastungsstörung – das ist Annes eigentliche Geschichte, und dass die Autofiktion in die Filmfiktion eingeschrieben ist, soll natürlich andeuten, dass der Film selbst ebenfalls eine reale Basis hat. Man glaubt es gerne, und weiß, dass es gar nicht so sein muss: Der Sinn des Realismus ist ja nicht, das Reale abzubilden, sondern etwas, das real aussieht, zu konstruieren. Und dies gelingt, in einer atmosphärischen Skizze von zwei Tagen unter dem Iron Dome, der die Raketen aus Gaza abhält.
DE 2023 | Regie: Henrika Kull | Mit: Liliane Amuat, Dor Aloni, Yuval Levi | ab tba Jahren