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60.000 € Fördermittel für das Stadtarchiv

Erneut bewilligt Bund umfangreichen Zuschuss für Erhaltung von Archivgut

Vorher – Nachher: Die alten, säurehaltigen, vergilbten Boxen werden ersetzt durch neue, archivgerechte. Und auch die Signatur wird im Zuge der Verpackung übersichtlich mit gedrucktem Etikett aufgebracht.
Vorher – Nachher: Die alten, säurehaltigen, vergilbten Boxen werden ersetzt durch neue, archivgerechte. Und auch die Signatur wird im Zuge der Verpackung übersichtlich mit gedrucktem Etikett aufgebracht.
©Stadtarchiv PforzheimFoto: Stadtarchiv Pforzheim
Vorher – Nachher: Auch die Innenverpackung wird ersetzt. Die unverpackten Akten mit der für unsere Region typischen Badischen Oberrandheftung werden in Archivmappen gebettet, die wiederum mit der Signatur versehen werden.
Vorher – Nachher: Auch die Innenverpackung wird ersetzt. Die unverpackten Akten mit der für unsere Region typischen Badischen Oberrandheftung werden in Archivmappen gebettet, die wiederum mit der Signatur versehen werden.
©Stadtarchiv PforzheimFoto: Stadtarchiv Pforzheim
Über 6.000 Mappen warten im Stadtarchiv darauf, das Archivgut schützen zu dürfen.
Über 6.000 Mappen warten im Stadtarchiv darauf, das Archivgut schützen zu dürfen.
©Stadtarchiv PforzheimFoto: Stadtarchiv Pforzheim
Man sieht dem Papier seinen hohen Säuregehalt schon an: stark vergilbt, grobe Struktur, an den Rändern erste Risse. Die Entsäuerung wird dafür sorgen, dass der aktuelle Zustand konserviert wird und das Material nicht weiter versprödet.
Man sieht dem Papier seinen hohen Säuregehalt schon an: stark vergilbt, grobe Struktur, an den Rändern erste Risse. Die Entsäuerung wird dafür sorgen, dass der aktuelle Zustand konserviert wird und das Material nicht weiter versprödet.
©Stadtarchiv PforzheimFoto: Stadtarchiv Pforzheim

Wie in den Vorjahren erhält das Stadtarchiv eine Förderung aus dem Sonderprogramm der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien zur Erhaltung national wertvollen schriftlichen Kulturguts.

Neu ist, dass das Projekt Originale dauerhaft erhalten! Massenentsäuerung der amtlichen Bestände des Stadtarchivs Pforzheim (Hauptamt, Personalamt, Jugend- u. Sozialamt, Gemeindearchiv Eutingen) über zwei Jahre laufen wird: Im ersten Förderjahr steht die archivgerechte Verpackung im Fokus, in 2025 sollen dann 4 Tonnen Archivgut entsäuert werden. Beide Maßnahmen sind entscheidende Voraussetzungen dafür, dass Zersetzungsprozesse im Papier aufgehalten werden und echte Schäden erst gar nicht entstehen. Das ist wichtig, denn das Archivgut muss als schriftliches kulturelles Erbe der Stadt Pforzheim gemäß dem gesetzlichen Auftrag des Stadtarchivs dauerhaft im Original erhalten werden. Für das Verpackungsprojekt wurden bereits 6.200 Mappen und 1.000 Archivkartons beschafft, die sehr strengen Anforderungen hinsichtlich Material und Alterungsbeständigkeit genügen müssen. Mitarbeiter des Stadtarchivs ersetzen nun im Laufe der nächsten zwei Jahre alte, säurehaltige und damit schädigende Verpackungsmaterialien durch die neuen, basisch gepufferten und speziell für die dauerhafte Archivierung hergestellten Mappen und Boxen. Insgesamt sollen rund 90 Regalmeter auf diese Weise bearbeitet werden – ein ziemlich ambitioniertes Projekt.

2025 steht dann ganz im Zeichen der Massenentsäuerung. Der Auftrag wurde bereits an einen Spezialdienstleister vergeben, der das Archivgut aber erst im nächsten Jahr abholen und behandeln wird. Im Idealfall soll das Projekt noch einen weiteren Nutzen haben: Im kommenden Jahr soll ein Teil des Archivguts in ein neues Außenmagazin gebracht werden, denn am aktuellen Standort in der Kronprinzenstraße sind die Magazinkapazitäten nahezu ausgeschöpft. Das künftige Außenmagazin im neuen Technischen Rathaus soll diesen immer dringender werdenden Platzproblemen Abhilfe schaffen. Wenn alles nach Plan läuft, soll das Archivgut für die Entsäuerung in der Kronprinzenstraße abgeholt, nach der Behandlung aber in das neue Technische Rathaus gebracht werden.

Die Entsäuerung ist notwendig, weil Papiere seit der Mitte des 19. Jahrhunderts aufgrund neuartiger Herstellungsverfahren stark säurehaltig sind. Diese Zusammensetzung beschleunigt die Zersetzungsprozesse, die jedem organischen Material innewohnen. Besonders Papiere aus der Zeit zwischen 1914 und den 1980er Jahren haben einen niedrigen pH-Wert. An Stücken des Stadtarchivs wurden pH-Werte um 3,5 gemessen, was etwa so sauer ist wie Essig oder saurer Regen. Die Folge: vergilbtes, sprödes, brüchiges Papier, das bei jeder Benutzung zerbröselt. Um die Benutzbarkeit zu erhalten, müssen die Unterlagen möglichst früh einer Entsäuerung unterzogen werden. Im großen Stil werden jeweils etwa 3-400 kg Papier in einer Spezialanlage in der Behandlungsflüssigkeit gebadet und anschließend in einem Unterdruckverfahren wieder getrocknet. Im Papier bleiben Substanzen zurück, die alkalisch wirken. Der pH-Wert soll dann mindestens 7, also neutral sein, optimal für eine nachhaltige Wirkung sind aber etwas höhere Werte. „So gebettet und behandelt,“ freut sich die Projektverantwortliche und stellvertretende Archivleiterin Dr. Sonja Hillerich „wird das Papier wirklich geduldig in unseren Magazinen lagern und der Benutzung harren, die vielleicht schon im nächsten Jahr, vielleicht aber auch erst in zweihundert Jahren stattfinden wird.“

Für das Projekt ausgewählt wurden amtliche Bestände, die unverzichtbare Quellen für die Geschichte Pforzheims, aber auch die Region Nordschwarzwald sind. Als einer von neun baden-württembergischen Stadtkreisen nimmt Pforzheim eine besondere Stellung in der Verwaltungsgliederung des Landes ein. Für das Archivgut Pforzheims gilt daher in besonderem Maße, dass es nicht allein Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft dieser Stadt abbildet, sondern essentieller Bestandteil des Mosaiks ist, das die deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts darstellt. Auf dieser Basis konnte der Fördergeberin schlüssig dargelegt werden, dass das Pforzheimer Archivgut national wertvolles schriftliches Kulturgut ist, an dessen Erhaltung auch der Bund ein erhebliches Interesse hat. Die ausgewählten Bestände gehören zudem zu jenen, die relevante Unterlagen für vielfältige Forschungsfragen enthalten, darunter verwaltungsgeschichtliche (B10 - Hauptamt, B11 – Personal- und Organisationsamt, C7 – Gemeindearchiv Eutingen) und sozialgeschichtliche (B50 - Sozialamt, B51 - Jugendamt). Letztere sind mit Blick auf die aktuell schwierige soziale Lage Pforzheims mit hoher Arbeitslosigkeit, Strukturwandel bedingt durch den Niedergang von Schmuckindustrie und Versandhandel sowie hohem Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund von besonderem Interesse.