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Bedeutung des Schöffenamts, Rechte und Pflichten

Die Bedeutung des Schöffen- /Jugendschöffenamts, persönliche Fähigkeiten, Rechte und Pflichten

1. Die Bedeutung der Schöffen / Jugendschöffen

Als Vermittler zwischen Justiz und Bevölkerung sollen Schöffinnen und Schöffen das Vertrauen in die Justiz und die Bereitschaft zu rechtstreuem Verhalten stärken. Sie wirken auf ein allgemein verständliches und durchschaubares Verfahren hin und bringen das Rechtsbewusstsein und die Wertvorstellungen der Bevölkerung in die Hauptverhandlung und in das Urteil ein. Während der Hauptverhandlung üben sie das Richteramt in vollem Umfang und mit gleichem Stimmrecht wie die Berufsrichter aus. Dabei sind sie nur dem Gesetz unterworfen und an keinerlei Weisungen gebunden. Sie urteilen über Schuld oder Unschuld eines Angeklagten und tragen die gleiche Verantwortung für einen Freispruch oder eine Verurteilung wie die Berufsrichter. Das wird etwa daran deutlich, dass für Verurteilung sowie Art und Höhe der Strafe jeweils eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Gericht erforderlich ist. Gegen die Stimmen beider Schöffen kann in Deutschland niemand verurteilt werden.

2. Persönliche Fähigkeiten eines Schöffen / Jugendschöffen

Die (gesetzlich nicht geregelten) Fähigkeiten, die ein Schöffe mitbringen sollte, lassen sich stichwortartig so umschreiben:

Soziales Verständnis:

Der Schöffe muss die Tat in ihrer gesellschaftlichen und persönlichen Dimension begreifen können. Er muss die Motive des Handelns eines Täters erfassen und in dessen bisherigen Lebensweg einordnen können. 

Menschenkenntnis, Einfühlungsvermögen:

Schöffen müssen beurteilen können, ob ein Zeuge oder Angeklagter lügt, die Wahrheit sagt oder sich einfach nur irrt. Dazu müssen sie aufgrund ihrer Lebenserfahrung Menschen einschätzen und beurteilen sowie erkennen können, ob die Aussage den allgemeinen Erfahrungen entspricht. 

Logisches Denkvermögen und Intuition:

Verschiedene Zeugenaussagen müssen miteinander und mit der Einlassung des Angeklagten sowie mit den anderen Beweismitteln verglichen und auf ihre Stimmigkeit geprüft werden. Neben der Fähigkeit zu logischem Denken kommt es auch darauf an, welches Gefühl der Schöffe für die Wahrscheinlichkeit einer Aussage entwickelt. Bei der Rechtsfindung nennt man dies Judiz, im Alltagsleben Intuition. 

Berufliche Erfahrung

Sie ist eine der wesentlichsten Komponenten, um Menschen beurteilen zu können. Das heißt nicht, dass der Schöffe aktuell in einem Arbeitsverhältnis stehen muss, aber über Erfahrungen im Arbeitsleben sollte er verfügen. 

Vorurteilsfreiheit auch in extremen Situationen

Der Schöffe begegnet in der Hauptverhandlung Situationen, in die er in seinem täglichen Leben selten geraten wird. Er wird mit hässlichsten Gewalttaten, mit der glatten Geschmeidigkeit des Betrügers, aber auch mit Angriffen der Verteidigung auf Zeugen oder Vorverurteilungen in den Medien konfrontiert. Dabei darf er seine Neutralität und Unparteilichkeit nie verlieren. 

Mut zum Richten über Menschen, Verantwortungsbewusstsein für den Eingriff in das Leben anderer Menschen

Der Richter ist dazu berufen, den Straftäter zu bessern, die Gemeinschaft zu schützen und dem bis zum Urteil als unschuldig geltenden Angeklagten ein faires Verfahren zu garantieren. Er ist weder dazu da, sich über den Angeklagten zu erheben oder ihn zu zerbrechen, noch soll er alles entschuldigen. Mit der gebotenen Achtung vor der Macht, die er ausübt, darf er sich doch nicht davor scheuen, sie zu gebrauchen. Nicht nur eine langjährige Freiheitsstrafe oder ein "lebenslänglich" kann einen Menschen vernichten. Auch ein scheinbar geringes Strafmaß kann einen Menschen, der sich ungerecht behandelt fühlt, verbittern. Und ein leichtfertig allzu milde gesprochenes Urteil kann die kriminelle Karriere ebenso fördern wie eine lange "Knastlehre". Für Jugendliche gelten grundsätzlich dieselben Strafgesetze wie für Erwachsene, jedoch liegt es auf der Hand, dass für diese nicht die gleichen Grundsätze strafrechtlicher Beurteilung gelten können. Bei Jugendlichen soll Erziehung stets vor Strafe gehen.

Standfestigkeit und Flexibilität im Vertreten der eigenen Meinung

Das Urteil kommt durch den Austausch von Meinungen zustande. Wie ist eine Zeugenaussage zu bewerten? Was gilt die Reue des Angeklagten? Welche Strafe ist angemessen? Bei der Beratung dieser Fragen muss der Schöffe seine Auffassung vertreten können, ohne rechthaberisch zu sein, und er muss andere Meinungen akzeptieren und annehmen können, ohne opportunistisch zu sein. Er muss selbstbewusst die Rolle ausüben, die er im Verfahren spielen kann, aber auch erkennen, wo seine Grenzen liegen. 

Kommunikations- und Dialogfähigkeit

Der Schöffe muss argumentieren und zuhören können. Es kommt nicht darauf an, Recht zu haben, sondern das angemessene und gerechte Urteil zu finden. 

Zusätzliche Qualifikationen eines Jugendschöffen

Die Jugendschöffen sollen erzieherisch befähigt und in der Jugenderziehung erfahren sein (§ 35 Abs. 2 JGG).

3. Die Rechte der Schöffen / Jugendschöffen in der Hauptverhandlung

Die Schöffen sind den Berufsrichtern gleichgestellt, soweit nicht ausnahmsweise gesetzlich im Einzelfall etwas anderes geregelt ist. Sie haben das Fragerecht an Angeklagte, Zeugen und Sachverständige (ausgenommen an Zeugen unter 16 Jahren). An den Beratungen und Abstimmungen während der Hauptverhandlung sind die Schöffen zu beteiligen. Alle verfahrensbeendende Entscheidungen wie Urteil oder Einstellung, aber auch mit dem Urteil zusammenhängende Entscheidungen (z.B. Bewährungsauflagen) werden von den Schöffen mit entschieden. Verfahrensgestaltende Entscheidungen, z.B. über Beweisanträge, Ausschluss der Öffentlichkeit oder Vorlagen an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG (wenn das Gericht Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit einer anzuwendenden Norm hat), Zeugnisverweigerungsrechte oder den Erlass von Haftbefehlen, werden mit den Stimmen der Schöffen entschieden. Die Schöffen nehmen auch an den Entscheidungen teil, wenn ein Verfahrensbeteiligter das Gericht gegen Maßnahmen oder Anordnungen des Vorsitzenden anruft. Die Schöffen genießen die richterliche Unabhängigkeit in gleicher Weise wie die Berufsrichter. Die Gleichstellung bedeutet auch, dass die Schöffen den gleichen strafrechtlichen Anforderungen unterworfen sind. Lässt sich ein Schöffe Vorteile dafür versprechen, dass er pflichtwidrig auf die Gestaltung des Urteils Einfluss nimmt, kann er wegen Bestechlichkeit oder wegen Rechtsbeugung verurteilt werden. 

4. Die Pflichten der Schöffen / Jugendschöffen

Die Schöffen sind zur Teilnahme an den Sitzungen verpflichtet. Hiervon können sie nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen entbunden werden. Das ist dann der Fall, wenn ein gesetzlicher Ausschlussgrund oder eine Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem Schöffen besteht, der Schöffe verhindert oder ihm ein Erscheinen bei Gericht nicht zuzumuten ist. Ein Schöffe muss ggf. sogar seinen Urlaub nach den ihm mitgeteilten Terminen einrichten. Er unterliegt weiter der Pflicht zur Verschwiegenheit, soweit sie gesetzlich geboten ist. Der Schöffe muss unparteiisch sein. Er darf sich weder von Sympathie noch von Abneigungen beeinflussen lassen. Sollte er sich einmal nicht unbefangen fühlen, so hat er dies mitzuteilen. Schöffen wie Berufsrichter haben ihr Urteil aus dem Inhalt der Beweisaufnahme zu schöpfen. Weder das Verhalten anderer Prozessbeteiligter noch etwa Äußerlichkeiten wie Kleidung, Haartracht u.ä. sollten ihn beeinflussen. 

5. Zeitliche Beanspruchung und Entschädigung

Zeitliche Beanspruchung

Nach Erfahrungswerten ca. 12 Verhandlungstage im Jahr.

Entschädigung

Die Schöffen erhalten eine Entschädigung für Verdienstausfall und für den mit der Dienstleistung verbundenen Aufwand.