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Riehm, Gertrud (evangelisch, Hilfe für Juden)

Gertrud Riehm, geb. Meerwein, ist am 14.7.1892 in Neckarzimmern geboren. 1917 verheiratet sie sich in Mosbach mit dem Vikar Otto Riehm - siehe dort, der im Herbst 1933 Pfarrer in Ispringen wird. Sie und ihr Mann haben sieben Kinder.

Ihr Mann kommt als Mitglied der Bekennenden Kirche mehrfach in Konflikt mit den braunen Machthabern. Einer Gefängnisstrafe entgeht er nur aufgrund einer Amnestie.

Ende April 1944 erhält Otto Riehm in Ispringen von seinem Kollegen Otto Mörike aus Flacht eine geheime Nachricht, die ihm "Gäste" ankündigt, ein Ehepaar aus Berlin, das seit 15 Monaten auf der Flucht ist. Zuerst kommt nur der Mann, Max Krakauer, erschöpft, zermürbt, hoffnungslos, dann bringt Pfarrer Dipper aus Reichenbach an der Fils die Frau, Ines Krakauer, ins Ispringer Pfarrhaus. Das jüdische Ehepaar hat zu diesem Zeitpunkt schon 20 Fluchtstationen in Berlin und 18 Stationen in Württemberg hinter sich, nachdem es am 29. Januar 1943 in Berlin untergetaucht war, um der Verfolgung zu entgehen. Gertrud Riehm versucht über einen ihr bekannten Postbeamten, Ersatzpapiere für die Krakauers auf die Namen Hans und Grete Ackermann zu beschaffen.

Nach der Rettung über 43 Stationen in Baden-Württemberg schreibt Max Krakauer ein Buch mit dem bezeichnenden Titel "Lichter im Dunkel": "Zwei Wochen weilten wir im Haus des Pfarrers Riehm, zwei Wochen voller Harmonie auch mit den über uns eingeweihten erwachsenen Kindern... Was uns die Besinnung nahm, war die Vorstellung, dass wir auch die Ispringer Pfarrersfamilie in den Abgrund reißen würden, gar nicht zu denken an die endlose Kette unserer früheren Helfer".

Die Nacht vom 6. auf den 7. Mai 1944 verbringt das Ehepaar in einem Kinderheim in Pforzheim. Am 25. April wird das Ehepaar Krakauer in Stetten im Remstal von amerikanischen Truppen befreit. Nach 27 Monaten Flucht und 66 Asylstationen schreibt Max Krakauer: "Wir danken auch all den vielen Menschen, die um unseretwillen Freiheit und Leben aufs Spiel setzten, unseretwegen, die sie vorher nie gesehen noch gekannt...".

Heinrich Riehm, der älteste Sohn des Ehepaars Gertrud und Otto Riehm, kommentierte 2002 das Verhalten seiner Eltern: „Dem Unrecht gegenüber musste widerstanden werden und hinterher groß darüber zu reden war nicht ihre Sache“.

Am 16. Oktober2002 erhielt die Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule in Ispringen den Namen Otto-Riehm-Schule.


 


 

Quellen:

Rückleben S. 358 u. 444;

GLA KA 507 – 12418;

Enzkreis 1995, S. 165 ff.;

Max Krakauer, Lichter im Dunkel, Stuttgart, 1975/1991;

Pforzheimer Kurier 17.3.1994 und 19.10.2002;

Heinrich Riehm Aus dem Leben meines Vaters, Ispringen, 2002 (unveröffentlicht)