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Kleiner, Oskar (katholisch, „Rundfunk-Verbrechen“)

Oskar Kleiner ist am 30.3.1887 in Hilzingen (Landkreis Konstanz) geboren. Seine Frau Maria und er haben ein Kind im Alter von 21 Jahren (Stand 1948). Er ist Postbeamter und bis 1930 Mitglied der katholisch orientierten Zentrumspartei. Bis 1933 ist er als Frontsoldat Mitglied des „Stahlhelm“ (Bund der Frontsoldaten).

Er ist Leiter des Postamts in St. Georgen im Schwarzwald. Er weigert sich im August 1933, ein Flugblatt der NSDAP, das sich gegen den politischen Katholizismus richtet, im Schalterraum in dem von ihm geleiteten Postamt in St. Georgen auszuhängen.

In seiner Personalakte befindet sich eine Beurteilung der Gauleitung der NSDAP von 1935, in der es heißt, „dass er ständig eine ablehnende Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus zeige, er stehe keineswegs auf dem Boden der nat.soz. Weltanschauung, er sei ein äußerst widerspenstiger Beamter, der keine nat.soz. Zeitung halte und er sei als unbelehrbarer Zentrumsanhänger in St. Georgen bekannt“.

Oskar Kleiner ist ab 1935 zwar Mitglied der NSV (NS-Volkswohlfahrt) und auch des Reichsbundes deutscher Beamter sowie des Reichskriegerbundes (bis 1937), aber seine ablehnende Haltung gegenüber dem NS berührt dies nicht: Die Reichspostdirektion Karlsruhe schreibt zur politischen Beurteilung, „er sei früher Zentrumsangehöriger gewesen. Sein polit. Verhalten sei bis heute nicht befriedigend. Es fehle ihm der gute Wille, mit der NSDAP zusammenzuarbeiten…“

Er wird im Oktober 1937 von St. Georgen nach Pforzheim ans Postamt 2 versetzt. Dort reißt er im Schalterraum Plakate und Bilder, die sich gegen den politischen Katholizismus richten, ab. Er wird von einem Postschaffner bei der Kreisleitung denunziert und muss sich vor der Direktion des Postamtes Pforzheim verantworten. Der Gestapo bleibt verborgen, dass er 1941 Predigten des Bischofs Graf von Galen gegen die Morde an behinderten, kranken und alten Menschen vervielfältigt und weiterverbreitet. Bei einer Durchsuchung seines Büros findet die Gestapo nur Schriften der verbotenen anthroposophischen Bewegung.

Am 16.8.1943 verhaftet ihn die Gestapo und bringt ihn ins Gefängnis Pforzheim. Die 1942 rückwirkend für 1940 festgestellte formale Aufnahme in die NSDAP aufgrund seiner Mitgliedschaft im Reichsbund deutscher Beamter wird am Tag nach seiner Verhaftung, am 17.8.1943, durch seinen Ausschluss aus der Partei beendet, begründet mit seiner gegnerischen Haltung zur NSDAP und dem Abhören feindlicher Sender.

Am 4.11.1943 verurteilt ihn das Sondergericht Mannheim zu 2 Jahren Gefängnis wegen des Abhörens feindlicher Sender und fortgesetzter Weitergabe der Nachrichten. 2 Monate und 2 Wochen Untersuchungshaft werden angerechnet. Bis 14.12. 1943 sitzt er im Gefängnis Karlsruhe, dann im Zuchthaus Ensisheim im besetzten Elsass. Im November 1944 werden die Häftlinge wegen der heranrückenden Westfront nach Freiburg bzw. Emmendingen verlegt. Am 31.12.1944 transportieren die Nazis die Häftlinge aus Ensisheim bzw. Freiburg per Eisenbahn nach Pfullendorf ins Gefangenenlager. Dort ist Oskar Kleiner bis 22.4.1945 inhaftiert. Erst am 24.5.1945 erhält er von der französischen Ortskommandantur die Erlaubnis zur Heimreise nach Pforzheim.


 

Quellen:

GLA KA 480 - 2838;

GLA KA 507 - 5084/4