Honecker, Friedrich (evangelisch, SAP)
Friedrich Honecker, am 26. Dezember1905 in Stuttgart geboren, wächst in Calw auf. Er kommt über die Jahre am Gymnasium in Schöntal und Urach zum Theologiestudium nach Tübingen. Die Erfahrungen in zwei Semestern in Berlin 1925/1926 und die Arbeit in den Semesterferien als Werkstudent und Landarbeiter lassen ihn zum Sozialisten werden. 1928 tritt er den Religiösen Sozialisten und der SPD* bei, für die er auch Vorträge hält bzw. als Redner auftritt.
1931 wird er Mitglied der SAP (Sozialistische Arbeiter-Partei)*, einer Abspaltung von der SPD aufgrund deren Unterstützung für Rüstungsprojekte bei gleichzeitiger Kürzung der Krisenunterstützung für Arme und Arbeitslose. Schon in dieser Zeit als Vikar in acht verschiedenen Gemeinden bekommt er Druck von der Kirchenleitung: Er muss über seine Vortragstätigkeit Rechenschaft ablegen und sich verpflichten, in der Vorbereitungszeit für die 2. Dienstprüfung seine außerdienstliche Vortragstätigkeit auszusetzen. Er stimmt dieser Auflage zu mit der Einschränkung: „Es gibt Fälle, in denen uns die gewissensmäßige Verantwortung vor Gott unter Umständen zum Handeln selbst gegen dienstrechtliche Vorschriften zwingen kann, z.B. Kriegsdienstverweigerung“.
1931 bekommt er die Pfarrstelle in Schwann, heute Ortsteil der Gemeinde Straubenhardt im Nordschwarzwald. Da er 1932 bei den Landtagswahlen den SPD-Kandidaten Pfarrer Schenkel in Zuffenhausen bei Stuttgart, der auch Religiöser Sozialist ist, durch Vorträge und Versammlungen unterstützt, gerät er ins Visier der am 30. Januar1933 an die Macht gekommenen NSDAP.
Ende März 1933 ist er kurzfristig in Neuenbürg inhaftiert, dies wohl auch deswegen, weil er weiter Kontakt zur inzwischen illegalen SAP und KPD* im Raum Neuenbürg und Pforzheim hält. Am 7. und 14. Oktober 1934 verliest er von der Kanzel ein Wort der „Bekenntnisfront“, also der „Bekennenden Kirche“ innerhalb der evangelischen Kirche in Deutschland, die die Bestrebungen der „Deutschen Christen“, einer NSDAP-nahen Organisation, ablehnt, den „Arierparagraphen“ auch in der Kirche einzuführen.
Ebenfalls im Jahr 1933 ist Honecker Glied einer Fluchtkette, organisiert von der SAP im Untergrund. Über sie gelangen verfolgte Antifaschisten an die Deckadresse der SAP in Pforzheim, den Maurer Gustav Hörmann in der Sankt-Georgen-Straße 44, und „zum Ortspfarrer von Schwann“, um „im Pfarrhaus eine Verschnaufpause einzulegen“ - vermittelt über Karl Schroth - siehe dort. Von dort aus führt der Fluchtweg über Freiburg und Weil am Rhein ins rettende Ausland. Im August 1933 verlangt die NSDAP/Gau Württemberg vergeblich Honeckers Strafversetzung wegen „marxistischer Machenschaften“ bei den Kirchenwahlen in Schwann und Conweiler.
Für das Jahr 1934 ist Friedrich Honecker als Mitglied der illegalen SAP genannt, betreut von der SAP in Huchenfeld und der SAP-Führung in Pforzheim mit Karl Bührer, Walter Purkl und Karl Schroth – siehe jeweils dort. Er bezieht wohl auch die Zeitschrift „Das Banner“, bezahlt Mitgliedsbeiträge und ist als Verantwortlicher einer Dreiergruppe* aufgeführt. Da Friedrich Honecker sich 1937 weigert, den Eid auf den „Führer“ abzulegen, darf er keinen Religionsunterricht mehr an der Schule erteilen, also findet der Religionsunterricht im Gemeindesaal des Pfarrhauses statt.
1937 heiraten er und seine Gemeindehelferin Ruth Bürklin, 1938 bzw. 1940 kommen die beiden Töchter Ruth und Johanna zur Welt. Im Januar 1941 erhält Friedrich Honecker seinen Stellungsbefehl, wird jedoch nicht eingezogen, weil im Kirchenbezirk Neuenbürg schon mehr als die Hälfte der Pfarrer und Vikare „im Feld“ steht.
Im Januar 1942 muss Honecker bei einer Nachschubeinheit als Pferdefahrer und Pferdepfleger einrücken, er gilt seit Ende Dezember 1942 als bei Stalingrad vermisst.
Quellen:
Dagenbach 1995 S. 112;
Karl Honecker: Friedrich Honeckers Weg zum und im Sozialismus, o.O., o.J. (unveröffentlicht, Quelle: Ruth Honecker, Witwe, 1993) (Archiv Brändle);
Schadt;
Schroth S. 37