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Becker, Werner (Kritik am NS)

Werner Becker ist am 10.2.1902 in Feuerbach bei Kandern geboren, im selben Jahr zieht die Familie nach Pforzheim, da der Vater Karl Becker Pfarrer an der Altstadtkirche wird. Werner Becker lernt den Beruf des Kaufmanns, politisch steht er der nationalistischen Deutsch-Nationale Volkspartei (DNVP)* nahe. Sein Bruder Adolf Becker ist Pfarrer in Würm und bis 1933 Führer des freiwilligen Arbeitsdienstes und dann des „Reichsarbeitsdienstes“ (RAD“)*. Ab 1933 kommt er in Konflikt mit den Nazis in Pforzheim. In seinem Lebenslauf für die Wiedergutmachungsbehörde schreibt er:

Ich habe durch meine freie Meinungsäußerung mir den Hass der SA und SS zugezogen und mit meiner Weigerung, den Hitlergruß auszuführen, mir selbst viele Unannehmlichkeiten zugezogen. Eine Äußerung, dass die Vaterlandsverteidiger von 19114/18 ausgeschieden und nur noch unerfahrene Buben regieren wollen, hat mich im Jahr 1934 (Juni) für 14 Tage ins Gefängnis gebracht. Dass ich nicht ins Konzentrationslager gekommen bin, hatte ich nur dem Einfluss meines Bruders, der einen Posten im Arbeitsdienst bekleidete, und meines Vaters, der als Kirchenrat in Pforzheim eine bekannte Persönlichkeit war, zu verdanken. – Man hat mich seiner Zeit, um ein Geständnis von mir zu erhalten, mich im Bezirksamt von morgens 9 Uhr bis abends 8 Uhr ohne Nahrung und Wasser und ohne mich mit meiner Familie in Verbindung zu setzen, eingesperrt gehalten und mir dann versprochen, wenn ich unterschreibe, gesagt zu haben ‚Wir werden von Lausbuben regiert‘ mit 14 Tagen Haft davon zu kommen. Als ich dann unterschrieben hatte, meinte der Beamte (ein Referendar in SS-Uniform), ‚Nach den 14 Tagen kommt dann Kislau‘“.

Werner Becker bestellt am 13.5.1935 auf dem Rathaus das Aufgebot zur Heirat mit Margot Bloch. Der Standesbeamte weigert sich - vor Erlass der sog. „Nürnberger Rassegesetze“ am 15.9.1935 gegen geltendes Recht, einen Arier mit einer Jüdin zu trauen. Der Reichsjustizminister beglückwünscht den Beamten zu seiner Haltung. Der „Fall“ wird mit voller Namensnennung in der lokalen und nationalen Presse bis hin zum „Stürmer“ ausgebreitet u.a. mit dem Schlagwort „Rassenschande“, Werner Becker droht die Inhaftierung. Nach dem Erlass der „Nürnberger Gesetze“ fliehen Margot Bloch und Werner Becker Ende 1935 mit kleinem Reisegepäck in die Schweiz und Anfang 1936 nach Argentinien.

Seine Frau und er gehören zu der Gruppe ehemaliger BürgerInnen Pforzheims, die 1985 von der Stadt Pforzheim in ihre frühere Heimat eingeladen wurden.


 

Quellen:

Lebenslauf Werner Karl Becker: Hauptstaatsarchiv Stuttgart J 355/219;

Pforzheimer Anzeiger 2.5.1933;

GLA KA 480 – 29397 bzw. 34562