Alte Überlieferungen aus Büchenbronn
Überlieferungen vom Gies-Michel und dem alten Jakob
In der Gegend um Büchenbronn gab es allerlei „besondere Naturen“, Menschen, die vorallem den älteren Gemeindemitgliedern ein Begriff geblieben sind. Natürlich sind die meisten Erzählungen längst vergessen, doch einzelne Begebenheiten und Redewendungen mit und über jene Originale haben sich über die Zeit erhalten.
Der „Gies-Michel“
Eins dieser Unikate ist der vermutlich 1895 verstorbene „Gies-Michel“, welcher sich durch seine zahlreichen Possen und Spruchweisheiten einen Namen in der Gegend machte.
Sein richtiger Name sowie sonstige Lebensdaten sind unbekannt, jedoch erinnerten sich einige Büchenbronner, dass er Junggeselle gewesen sein muss und im damaligen Armenhaus lebte. Von Beruf war er dreierlei: Die meiste Zeit verbrachte er damit, Gänse und Schweine zu hüten; verstarb allerdings ein Gemeindemitglied übernahm er geflissentlich die Totenwache im Trauerhaus. Auf die verständliche Frage seiner Mitmenschen, ob er sich bei solchen nächtlichen Wachen nicht fürchte wusste er stets treffend zu antworten: „Die Dote lenn oin bassiert, bloß d’Läbiche mache oin henneretsviert!“ (Die Toten lassen einen gewähren, nur die Lebenden machen einen durcheinander!)
Offensichtlich hatte er ein relativ modernes und aufgeklärtes Verhältnis zum Tod und den Toten. Ein weiterer überlieferter Spruch des Gies-Michel, den er gerne in solchen Situationen anzubringen pflegte war folgender:
„I bewach‘ eire Gies on au em Jakob sei Lies – diesell awer bloß bei Nacht, wenn-se kein Muffzer moi macht!“
Hierzu ist eine weitere Anekdote überliefert, die den Gies-Michel den Leuten in Erinnerung bleiben ließ: Einmal hatte der Büchenbronner Bürgermeister eine Erledigung auf dem Friedhof zu tätigen und hinterließ aus diesem Grund einen Zettel mit der Aufschrift „Bin auf dem Firedhof“ an seiner Tür. Der kecke Totenwächter soll dauraufhin „Ruhe sanft“ daruntergeschrieben haben.
Seine unbekümmerte und schlagfertige Art sowieso sein anständiges, hilfsbereites und zuvorkommendes Wesen machten ihn in der Umgebung jedoch beliebt und er entwickelte sich redlich trotz seiner mangelnden Welterfahrung. Für die große weite Welt und besonders für die amerikanischen Auswanderer hatte er nur Hohn und Spott übrig.
Aber auch die Geistlichkeit aus Büchenbronn und Brötzingen fiel regelmäßig seinen Possen zum Opfer. So pflegte der Gies-Michel alle Geistlichen als „Bruder Lukas“ zu bezeichnen.
Der "alte Jakob"
Ein weiteres Original aus etwas späterer Zeit war auch der „alte Jakob“ (Jakob Kreutel, 1884-1956). Mehr als 26 Jahre stand er als Feldhüter, Badmeister, Ratsdiener und Leichenträger im Dienste der Gemeinde. Besonders in seiner Tätigkeit als ehemaliger Feldschütz nahm er sich besonders wichtig und gab gerne seine reichlichen „Feldzugserfahrungen“, sowie seine Verfahrensweise mit Feldfrevlern zum besten. Er bezeichnete sich selbst sehr gerne als „das Auge des Gesetzes“. Im Zuge der Entnazifizierung, und weil er in der falschen Partei gewesen war, wurde der leutselige Jakob in Kornwestheim zu einer Gefängnisstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt, aus seinem Amt entfernt und zu einer Geldstrafe von 30 Reichsmark verurteilt.
Auch über sein Zuhause sind einige überlieferten Geschichten bekannt. Von der Zimmerdecke hängende offene Scheren, sowie Wünschelruten und eine Kommode mit verschiedenen selbstgebrauten Tinkturen schufen eine geheimnisvolle, in Halbdunkel getauchte Umgebung. Alles hatte für ihn eine besondere Bedeutung und bei Vollmond vergnügte er sich gerne mit allerlei Ritualen.
Aus seiner Kindheit ist nur noch eine kleine Anekdote erhalten geblieben. Es wird erzählt, dass der alte Jakob mit 10 Jahren als „Täfelsbu“ (er trug die Vereinstafel beim Umzug voraus) an einem großen Pforzheimer Vereinsfest teilnahm. Dabei verlor der kleine Junge nicht nur seine Vereinstafel sondern marschierte nach Ende des Umzuges auch noch mit dem falschen Verein anstatt nach Büchenbronn sorglos nach Tiefenbronn. Er galt zwei Tage als vermisst und kehrte schließlich munter nach Hause zurück.