Am 23. Februar 1945, einem Freitagabend, elf Wochen vor Kriegsende, wurde Pforzheim von britischen Bombern vernichtet. Der Angriff verursachte einen Feuersturm, der die Menschen zu Asche verbrannte. Über 17.000 Menschen starben bei diesem Angriff. Ein Viertel der Einwohner fand den Tod, und 83 Prozent des bebauten Stadtgebietes wurden in eine Trümmerlandschaft verwandelt. Kaum etwas in der neu aufgebauten Stadt erinnert heute an das Stadtbild vor diesem einschneidenden Datum, das für viele Pforzheimerinnen und Pforzheimer eine Zäsur in ihrer Biographie bedeutete. Kein anderes stadtgeschichtliches Ereignis ist heute noch so präsent im Selbstverständnis der Stadt und wird so intensiv diskutiert.
Mit dem nun in einer überarbeiteten deutschen Ausgabe vorliegenden Buch „Bombing Germany.The Final Phase“ des britischen Militärhistorikers Tony Redding, das 2015 in England erschien, wird diese Diskussion um neue Sichtweisen bereichert.
Das Buch ist keine wissenschaftliche Abhandlung der Geschehnisse, keine Auflistung objektiver Fakten, vielmehr ein Kaleidoskop der subjektiven Erlebnisse und Interpretationen derjenigen, die den 23. Februar 1945 miterlebten und ihn überlebten, eingebunden in den historischen Kontext. Mit Offenheit und Respekt den britischen wie deutschen Zeitzeugen gegenüber hat Tony Redding recherchiert und Angehörige der Royal Air Force interviewt, sich aber auch in Pforzheim auf die Suche nach Informationen und Erzählungen begeben. Auf diese Weise gelingt es ihm, die Perspektiven der britischen Luftwaffensoldaten, der Pforzheimer Zivilisten, Soldaten, Zwangsarbeiter und Widerstandskämpfer zusammenzuführen. Die Besatzungen britischer Lancaster-Bomber kommen ebenso zu Wort wie Pforzheimer Überlebende. Jeder dieser Einzelberichte erschüttert und macht betroffen.
In der Zusammenschau kontextualisieren sich die Aussagen gegenseitig, regen zum Nachdenken und Nachfragen an und setzen ein eindrückliches Mahnmal gegen Krieg und Diktatur. Zugleich zeichnet Tony Redding ein Bild des heutigen demokratisch-pluralistischen Gedenkens an den 23. Februar 1945: Er porträtiert Zeitzeugen, die sich für eine demokratische Erinnerung an den 23. Februar und seine Vorgeschichte engagieren, und protokolliert Projekte und Erkenntnisse derjenigen, die sich für die Aufarbeitung der NS-Zeit und gegen das Vergessen der Opfer und Regimegegner einsetzen.
Mit Tony Reddings Ansatz wird den Leserinnen und Lesern ein weiterer, persönlich erlebbarer Zugang zum Thema eröffnet und seine Aktualität verdeutlicht. Aus diesem Grund hat sich das Stadtarchiv Pforzheim dafür entschieden, die Übersetzung des Buches zu fördern, um einem breiteren Personenkreis eine Auseinandersetzung mit dem Text zu ermöglichen.
Die Publikation erscheint als Band 27 der Materialien zur Stadtgeschichte im Verlag Regionalkultur; Herausgeber ist das Stadtarchiv Pforzheim. Ermöglicht wurde die Publikation durch eine Spende des Fördervereins für das Stadtarchiv Pforzheim e. V.