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Ausstellung "< 10 Prozent"

Der Anteil weiblicher Kunstproduzentinnen in der städtischen Sammlung Pforzheim liegt unter 10 Prozent. Nun widmet sich erstmals eine Ausstellung diesen Künstlerinnen. Sie zeigt eine Auswahl von rund 70 Werken, die innerhalb des Zeitraums von 1900 bis heute entstanden sind und von 40 Malerinnen, Zeichnerinnen und Bildhauerinnen kreiert wurden.

©Stadt PforzheimFoto: Ella Martin

Im Fokus stehen neben der Vielfalt weiblicher Positionen in der Kunst auch die Entstehungsbedingungen der Werke, z.B. die Lebensumstände, die Ausbildungs-, Arbeits- und Lehrmöglichkeiten, aber auch die Rolle privater und berufsständischer Initiativen und Netzwerke. Die Ausstellung mit dem Titel "< 10 Prozent" kann bis zum 27. Juli 2025 besichtigt werden. Die Vernissage dazu findet am 17. November 2024 um 17 Uhr statt.

"Die Ausstellung ist ein bedeutender Schritt zur Sichtbarmachung und Wertschätzung von Künstlerinnen, deren Schaffen lange Zeit übersehen oder bewusst ignoriert wurde. Die Ausstellung würdigt nicht nur die Werke dieser beeindruckenden Frauen, sondern weist auf die Hürden hin, denen sie begegnet sind. Ihnen standen nicht die gleichen Möglichkeiten wie ihre männlichen Kollegen offen und sie mussten oft unter schwierigen Umständen ihrem künstlerischen Weg folgen. Wir freuen uns, den Besucherinnen und Besuchern einen neuen Zugang zu diesen wichtigen Beiträgen unserer Kulturgeschichte zu eröffnen", so Kulturbürgermeister Tobias Volle über die Ausstellung.

Der geringe Frauenanteil in der Sammlung ist kein Pforzheimer Sonderfall. Er zeigt die allgemeine Benachteiligung und Geringschätzung von Künstlerinnen und ihrem Schaffen noch bis weit in das 20. Jahrhundert hinein. Die Frau war festgelegt auf ihre Bestimmung als Ehefrau, Hausfrau und Mutter. Um als Künstlerin, Malerin, Zeichnerin oder - seltener - als Bildhauerin zu bestehen, brauchte es neben der Begabung ein starkes Selbstbewusstsein, Durchsetzungskraft und die bewusste Abkehr von gesellschaftlichen Konventionen. Letztere sorgten dafür, dass Künstlerinnen oft schlechtere Ausbildungsmöglichkeiten hatten. Sie wurden weniger gefördert, anerkannt, ausgestellt, gekauft und gesammelt - mit schwerwiegenden Folgen für ihre Repräsentanz im Kunstbetrieb und beim kulturellen Erbe. Erst 1919 öffneten deutsche Kunstakademien ihre Tore für weibliche Studierende. Endlich hatten sie die gleichen Ausbildungschancen wie ihre Kommilitonen und verharrten doch aufgrund patriarchaler Strukturen noch lange in der Minderheit.

Die Ausstellung beginnt mit Mely Joseph, der tragisch früh durch Freitod aus dem Leben geschiedenen jüdischen Künstlerin. Außerdem zeigt sie Werke bekannter Persönlichkeiten wie zum Beispiel Vera Joho, Liselotte Brill, Gisela Bär oder Gerlinde Beck. Als zeitgenössische Gastkünstlerinnen sind die Videokünstlerin Vanessa Hafenbrädl aus München sowie Veronika Dräxler aus Berlin, letztere mit einer Rauminstallation zu Mely Joseph, zu sehen. Veronika Dräxler beeindruckte die Auseinandersetzung mit der Geschichte von der Künstlerin Mely Joseph: "Es war besonders spannend zu recherchieren, Spuren aufzudecken, fast schon archäologisch zu Arbeiten." Videokünstlerin Vanessa Hafenbrädl beschäftigte sich mit der Pforzheimerin Lore Perls. "Mich hat bei meiner Arbeit besonders ein Zitat von Lore Perls geprägt: 'Frauen müssen, um professionell erfolgreich zu sein, viel mehr leisten, intelligenter oder ausdauernder sein, als jeder Mann, der das gleiche erreicht hat'", so Hafenbrädl. Die Präsentation in der Pforzheim Galerie lädt dazu ein, bekannte und unbekanntere, doch deshalb nicht weniger bedeutsame, Künstlerinnen aus der Sammlung zu entdecken und zu würdigen. Die Kuratorin der Ausstellung des Kulturamts Pforzheim ist Regina M. Fischer.