Zum Inhalt springen
  • Aufgelockerte Bewölkung: 25-50% 18 °C
  • Kontrast
  • Leichte Sprache

Weiler, Alfred (SPD)

Alfred Weiler ist am 12.11.1898 in Karlsruhe geboren. Er studiert Jura und wird im Jun 1931 zum Amtsgerichtsrat am Amtsgericht Pforzheim ernannt. Seine Frau Gertrud und er haben zwei Söhne. 1929 tritt er in die SPD* ein. Nach 1945 erklärt er, er habe „einer Partei beitreten wollen, die sich durch ‚stetige und unbedingte Gegnerschaft zum Nationalsozialismus‘ auszeichne“. Trotz der Anweisung an alle badischen Beamten, mit „Heil Hitler“ zu grüßen, beginnt er seine Verhandlungen bei Gericht immer mit „Grüß Gott“. Nach Berichten von Zeitzeugen soll er, als in seiner Abwesenheit das in seinem Dienstzimmer von ihm aufgehängte Bild Friedrich Eberts durch ein Hitler-Portrait ersetzt worden war, das Hitler-Bild aus dem Fenster geworfen haben. 1934 bezeichnet er die Verhängung von „Schutzhaft“* als „ungerechtfertigt und gesetzeswidrig“. Als er ebenfalls 1934 vom angeblichen Selbstmord Ludwig Marums im Konzentrationslager Kislau erfährt, erstattet er eine Anzeige gegen unbekannt. Darauf wird ihm seine Tätigkeit als Strafvollzugsdienst-Leiter für das Gefängnis Pforzheim entzogen, er darf nur noch als Zivilrichter arbeiten. Da den Nazis aufgrund ihrer Rassegesetze seine Frau Gertrud als „Mischling ersten Grades“ gilt, wird er mit Verhaftung bedroht, weil er „jüdisch versippt“ sei. 1939 gerät er aufgrund seiner „philosemitischen Haltung“ wieder in die Schusslinie der Nazis, da er sich in Zivilprozessen für die - noch geltenden - Rechte jüdischer MieterInnen stark macht. 1944 eskaliert ein Streit zwischen Alfred Weiler und dem NSDAP-Kreisleiter Knab, er gibt dem Nazis-Chef Pforzheims eine Ohrfeige. Nach dem 20.7.1944 erreicht es das Gaupersonalamt, den „Zankapfel“ Weiler aus der Justiz zu entfernen und für den Einsatz in der Rüstungsindustrie „freizustellen“. Ab September muss Weiler am Westwall arbeiten, aufgrund einer Verletzung bei einem Luftangriff wird er als Zwangsarbeiter in die Rüstungsindustrie in Pforzheim verpflichtet. Besuche in Karlsruhe nutzt er, um mit dem Widerstandskreis um Reinhold Frank in Verbindung zu kommen und um letztlich im Februar 1945 mit seiner Familie in den Schwarzwald nach Furtwangen zu fliehen, wo sie sich wochenlang in einem Keller verstecken.

Im Sommer 1945 wird Alfred Weiler zum Oberstaatsanwalt in Karlsruhe berufen. Ende 1945 folgt die Ernennung zum Vize-Generalstaatsanwalt und im Sommer 1946 zum öffentlichen Kläger bei Entnazifizierungsverfahren bei der Berufungskammer Karlsruhe.

Alfred Weiler stirbt 1970 in Karlsruhe.


 

Michel, Anette, „Der Gerechtigkeit mit Leidenschaft ergeben“, Die Amtsrichter Alfred Weiler und Paul Zürcher im Dritten Reich, in: Borgstedt (Juristen) S. 37 ff.;

Kißner, Michael, Zwischen Diktatur und Demokratie, Badische Richter 1919 – 1952, Konstanz, 2003, S. 230 f.